25,5 Zoll Projekt „Großer Riese“ F/3,75

Einem sogenannten Schnäppchen ist das folgende Projekt zu verdanken: Werner Reimann (leider bei einem Radunfall im Jahre 2009 tödlich verunglückt), ein leidenschaftlicher Extremspiegelschleifer aus Deutschland veräußerte seinen geschliffenen 64,5 cm Spiegel aus nur 25mm dünnem Borosilikat mit einer Brennweite von 2400mm; das ergibt eine Lichtstärke von nur 1:3,75, Gewicht unter 14kg !!! 

Kai K: im Astrotreff über diesen Spiegel:
„Werner Reimanns 645mm f/3.75 (der Spiegel der jetzt bei Digiric ein Zuhause gefunden hat):
Damals 2008 noch ohne Paracorr, eine feine Abbildung mit den Naglern (meist 26mm und 7mm) aber auch mit einem Pentax XF 8,5mm. bisher unübertroffene und unvergessene Eindrücke bei den Planetaries (Cat’s Eye etc)“

Nach Erhalt des Riesen: Hui, der ist groß!!! Wolfi knipst mich mit der Handycam beim Treffen der Spiegelschleifrunde in Wien. Da passt kein Bier mehr auf den Tisch. 

Leider bekam der Spiegel einen Transportschaden: er muss einen starken Schlag auf die Kante abbekommen haben. Deshalb fuhr ich im Sommer 2010 zu Meister Alois nach Vorarlberg um den Spiegel genau vermessen zu lassen … Link zur Auswertung

Meine Aufgabe dazu ist der Schliff eines 160mm Planspiegels und der Bau des „handlichen“ leichten Dobson-Teleskopes.

Ich entschied mich für die Lowrider-Variante. Wichtige Tipps holte ich mir hier von Reiner Vogel. Auf seiner Seite ist mein 25″ F/3,75 ebenso mit Bild verlinkt.

Mit dem 30° gestellten Fangspiegel wird dann bei Zenitbeobachtung (bei durchschnittlicher Mannesgröße) nur ein Schemel benötigt.

Allerdings benötigt dieser sehr dünne Spiegel schon eine exakte laterale Wippenlagerung.

Der Spiegel verteilt sein Gewicht auf 27 Punkte (mit dem Program Plop errechnet). Die Dreiecke wurden aus 3mm Alublech geschnitten. (Dicke/Durchmesserverhältnis nur 1:26 !!!).

Für den Hut besorgte ich mir 15 x 15 mm Alustangen, Wandstärke 1mm und bog das Alu nach und nach mit Hilfe der Holzschablone am Schraubstock. (Bei so einer Schablone ist es von Vorteil, den Radius um ca. 10% zu verkleinern, da sich das Alu wieder etwas zurückbiegt).

Ein fertig gebogener Ring.

Die 2 gebogenen Ringe wurden mit 10mm Alurohren verbunden: 6mm Holzdübel wurden in die Aluröhrchen geklebt, Löcher in Dübel gebohrt und durch die Ringe hindurch mit Schrauben befestigt. Ist ausreichend stabil. Das gleiche Verfahren praktizierte ich auch beim 18 Zöller „Kleiner Riese. Beim 18ner verwendete ich 10 x 10 mm Alurohre, beim 25,5 Zöller 15 x 15 mm Alurohre. Die Querröhrchen sind beim 18 Zöller 6mm, beim 25,5 Zöller 10mm.

Die exzentrische Spinne besteht aus 1,5mm Alublech. Die Hutverbindungen an den Enden der Spinnenbeine gestalte ich immer nach gleichem System: die Fügel von Flügelmuttern durchbohre ich und verbinde somit die Fügeln mit den Spinnenenden (kleine Schrauben und Muttern). In die Flügelmutter kommt eine längere Schraube, die ich durch den Hut mit Hutmuttern anziehe. In der Mitte der Spinne habe ich ein 10cm langes 40 x 40 mm Alu auf dem dann die Fangspiegeleinheit befestigt wird. Durch die exzentische Ausführung gewinnt man wesentlich mehr Stabilität. Gewicht des Hutes mit Spinne: 1,5 kg. 
Bei meinem 18 Zoll Projekt passierte mir einst das Unglück, dass mir der erste Spiegel im Rahmen der Parabolisierung umfiel und zerbrach. Aus den Scherben ließ ich mir zwei 167mm große Scheiben per Wasserstrahl ausschneiden. Eine nötige 3 Scheibe ging sich leider nicht mehr aus. Somit versuche ich mit 2 Glasscheiben und einer 167mm Granitscheibe ein Planspiegel als Fangspiegel für den Dobs zu erstellen. Wir werden sehen, ob es mir gelingt.

Da die 2 Glasscheiben durch den früheren Parabolschliff einen Keilfehler von über 2mm hatten, musste ich sie mit Hilfe einer Einhandflex – am Bohrständer montiert – planflexen. Das Endresultat waren 16mm Glasscheiben, Gewicht 800gr. Diese planierte ich mit K 80 und K 180. Somit wurde die frühere Vorderseite zur Rückseite. Die ehemalige Rückseite wurde mit K 320 weiterbehandelt (siehe weiter unten).

Entstehung eines Planspiegels:
Für das Schleifen eines Planspiegels braucht man 3 Scheiben, die man gegeneinander schleift. Meine Scheiben wurden mit den Bezeichnungen 1,2 und 3 versehen. Ich schleife 2 auf 1, dann 3 auf 2, dann 1 auf 3. Somit liegt jede Scheibe regelmäßig einmal unten und einmal oben. Mit ca. 1/3 Strichen im zeitlichen Scheibenwechsel von 10 Minuten entsteht so Oberflächen, die mit der Messuhr gemessen auf weniger als 1/100 mm plan sind. Wenn auch meine Messuhr nur eine 1/100 mm Teilung hat, kann ich sehr wohl zwischen den Strichen noch ablesen. Somit, denke ich, bin ich einmal genau genug. Nach ein paar Stunden mit K 320 waren die Flächen der Scheiben ausreichend plan und fast pitfrei. (Die K 320er Phase hat etwas länger gebraucht, weil ich etwas zu lange Striche gemacht hatte und somit die Oberflächen leicht konvex waren.) Danke, Wolfi, für die Tipps!

Jetzt habe ich kein Karbo 320 mehr. Somit werde ich in der feineren Abteilung mit K 600 weitermachen. Wenn ich die wenigen Pits mit dem K 600 auch rauskriege, wäre ich froh … Material habe ich ab jetzt genug … Mittlerweile schliff ich je 2 Stunden im 10min Takt in der 3-Scheiben-Methode mit Karbo 600, Aluminiumoxyd my 9 und 5. Mit my 3 nur noch eine Stunde. Mit dem Sphärometer kann ich keine Abweichungen feststellen. Kein unregelmäßiges Ruckeln, Kleben etc. beim Schleifen merkbar. Somit alles im grünen Bereich.

Polieren: Als Volltool verwende ich die plane Granitplatte als Pechtool, weiters habe ich mir noch kleinere Tools für Zonenretuschierungen gemacht. Nach zirka 6 Stunden mit dem Volltool im Wechsel von MOT und TOT waren die Platten auspoliert.

Wolfi (s. Foto) brachte mir noch liebenswürdiger Weise sein auf 1/10L Wellenfront genaues Planglas, welches auch von Alois überarbeitet wurde. Dem ist somit wirklich zu vertrauen.

Als wir das Referenzplanglas nach erfolgter Reinigung auf meine zwei Platten legten, zeigten sich unter einer Energiesparlampe bei meinen beiden Plangläser die konzentrischen Newtonringe. Beide waren konkav. Eine mehr als die andere. Somit bearbeitete ich die Platte mit ca. 10 Ringen (ca. PV 5 Lambda) einige Stunden mit tangentialen Strichen MOT und viel Überhang. Somit arbeitete ich die Ringe nach und nach ab.

Mal hatte ich unregelmäßig gearbeitet: da kam ich gleich aus der Achse. Ich korrigierte mit Abtrag des Berges. Somit wurde ich wieder mittig.

Plötzlich war der magische Moment da, wo aus dem übriggebliebenen Ring erstmals Interferenzstreifen sichtbar wurden. Jetzt wusste ich, dass die Luft dünn wurde. Ich kam in die Bruchteile eines Lambdas …

Einen Messkasten baute ich mir aus Styropor. Wie immer, bei mir die übliche Leichtbauweise 😉

Jetzt kann ich die Interferenztests immer unter gleichen Bedingungen machen. Der Spiegel ruht unten auf einer geraden Unterlage. Links und rechts stehen im Kasten nach oben leuchtende Energiesparlampen. Das Licht wird von der oberen Sperrholzplatte (Innenseite mit weißem Papier beklebt) und z. T. von den Styroporplatten reflektiert. In der Mitte der Deckplatte ist das Guck- und Fotografieloch mit einer 8cm langen Lochblende als Lichtschutz. Auf diesem kleinen Rohr ruht die  Digicam achsial ca. einem Meter über dem Spiegel.

Der einst erhabene Spiegel wurde nach verschiedenen Bearbeitungsschritten konkav.  Die folgenden 4 Interferenztestbeispielen zeigen den Werdegang. (Das über dem Spiegel liegende Passglas hat eine Genauigkeit von L/20 Oberfläche aber eine leicht abgefallene Kante).

Der hochstehende Rand und der leichte Berg in der Mitte sind am ersten Bild deutlich zu sehen. Durch kleine kreisende Bewegungen mit Volltool TOT  über die ca. 80% Zone und dem Einsatz eines 5cm Dreiecktools knapp innerhalb der Kante konnte ich nach und nach den hochstehenden Rand abarbeiten. Den Berg in der Mitte verringerte ich mit dem Dreiecktool. In einer Skype-Sitzung am 1.1.2010 bezeichnete Meister Alois Ortner den Spiegel als gelungen und hat mir gratuliert 🙂


Anschließend schickte ich Alois den Spiegel für eine genaue Auswertung: Strehl 0,89. Für „unseren Seelenfrieden“ korrigierte Meister Alois den Spiegel weiter: Strehl 0,99 !!! Herzlichen Dank!

Am Teleskop wird weitergebaut:

Mittlerweile entstand die Basis: Die Rockerbox aus 16mm Birke-Multiplex ruht auf einer Dreieckkonstruktion aus 32mm Multiplex/16mm Alustangen. Hier hätte ich ein paar Millimeter Höhe durchaus einsparen können. Jedoch denke ich mir, dass es manchmal im Gelände besser ist, nicht so flach wie möglich zu bauen. Es wird in der Praxis sicher auch vorkommen, einen nicht so ebenen Untergrund zu haben. In so einem Fall würde die Rockerbox irgendwo am Boden (Gestein, Planzen …) schleifen. Hier benötigt man ja immerhin ca. 1m2 relativ ebenes Gelände. Die Alustangen sind im 60° Winkel 5 cm tief in die Multiplex-Basisdreiecke mit Epoxy verklebt.

Bei der Rockerbox läuft wieder  Ebony-Star auf Teflonplättchen und wird mittels der Möbellager im Kreisausschnitt geführt. Die Box mit 765x765mm ist sehr stabil und mit dem etwas gewichtsersparenden Ausschnitten nur 5,1 kg. Die Telfonplättchen, die auf dem Foto ganz am Rand der Ausschnitte sichtbar sind,  montierte ich anschließend noch um 15mm tiefer. So können bei  Zenitbeobachtungen bzw. den viel selteneren horizontnahen Beobachtungen die Ebony-Auflagen der Höhenräder noch auf den Teflonstreifen der Rockerbox laufen.

Auf diesem Bild sieht man die an der 765x765mm Spiegelkiste (3,5kg)montierten 750mm Höhenräder (2,1kg) von Dieter Martini. Alles in Leichtbauweise und höhenersparend gebaut. Es geht ja darum, einen möglichst tiefgelegten Einblick zu haben. Die 12mm Multiplex Spiegelbox hat in den Ecken unten Versteifungsdreiecke und oben die Stangenaufnahmen (wird wieder das bewährte System mit den Schnellspannern aus dem Fahrradhandel). Die gleichmäßige 6° Schrägstellung der Bohrungen erreichte ich mit untergelegten Winkeln beim Bohren mit der Standbohrmaschine. Die Höhenräder sind fix verschraubt und somit im Gelände nicht auf- und abbaubar, deshalb aber eine stabile Verbindung. Die Beförderung des Teleskops im Kleinbus benötigt bei mir nicht eine platzsparendere Lösung. Das Teak-Finish bekam der Unterbau genauso wie der „Kleine Riese 18“. Die Höhenräder gekommen natürlich noch Versteifungsstangen. Alles Einzelteile sind geschraubt und mit wasserfestem Holzleim verklebt.

Die hier auf diesem Bild provisorisch aufgebaute 27-Punkt schwimmende Lagerung wird den edlen Spiegel tragen. Sie ist aus 3mm Alublechen geschnitten. Die Basisdreiecke bestehen aus 2 mal 3mm Alublechen, geschraubt und Epoxy-verklebt. Die äußersten Ecken der Basisdreiecke bestehen sogar aus 3mal 3mm Alu. Alles ruht auf 1,5mm starken 20x30mm Aluprofilstangen, die an den Enden in 3mm starken Aluwinkeln mittels Gewinde justiert werden. Die Aluprofilstangen sind mit Stuhlwinkeln und Aluplatten beidseitig verschraubt. Das Gewicht der Spiegellagerung beträgt 3 kg. 

Die laterale Lagerung des Spiegels realisiere ich mit Multiplexwippen. Diese werden mittels zweier Schrauben an den Alustangen der Spiegellagerung so montiert, dass die Kugellager genau im Spiegelschwerpunkt den Spiegel seitlich stützen. Die Wippen haben die nach Alois Ortner berechneten verschieden langen Armlängen um den Lagerastigmatismus bei diesem Extremspiegel so gering wie möglich zu halten: 14°/27°/45° (kurzer Arm/Mitte Wippe/langer Arm von Spiegelmitte). Der Spiegel ruht seitlich auf den Kugellagern mit Plastikkugeln von der Fahrzeugtechnikfirma  FTA. Ein Kugellager mit Plastikkugel (nur knapp € 7,-) trägt nach Beschreibung 11 kg. Die 4 Lager teilen  sich somit unproblematisch das Spiegelgewicht von 14kg auf.

Erster provisorischer Aufbau: 

 

Spiegelbox mit Stangen und Justierstangen
Die 25mm Carbonrohre bekam ich von Carbonscout als Abverkauf (Länge 160cm). Da ich 185cm lange Stangen benötigte, habe ich 30cm Verlängerungen aus 30mm Alurohr mittels Epoxy angefügt. Stabil und wesentlich günstiger als die langen Carborohre. Die Stangen werden durch Schnellspanner gehalten. Schlauchklemmen  für die jeweils richtige Stangenlänge werden noch montiert. Die Justierstangen haben an der unteren Seite einen Schlitz, der in die Flügelmutter der Justiervorrichtung greift. Somit kann man vom Okular aus justieren:

Spiegellagerung von unten
Die 27-Punkt-Lagerung ruht auf 3 Basisdreiecken (2 x 3mm Alublech, in den spitzen Ecken nochmals mit 3mm Alu verstärkt und mit Epoxy verklebt). Diese ist auf 30x20mm Aluprofilen, welche u-förmig zusammengeschraubt sind, montiert. Die Enden sind mittels Schrauben und Flügelmuttern (oberseitig) justierbar. Auf diesen Flügelmuttern sitzen die Justierstangen:

Wippen, Schnellspanner und Justierstangen:

Nach den ersten Einsatztests waren noch Verstärkungen nötig: 
Rockerbox: die 16mm Multiplexplatte bekam noch eine 10mm Sperrholzplatte aufgedoppelt. Dann in den Ecken noch mit Fächerbauweise Querbalken und anschließend 8mm Abdeckplatten. An den schwächsten Stellen wurden innen bzw. außen Aluwinkel befestigt.

Spiegelkiste: Verstärkungsstangen + 8 mm Sperrholzplatte (Streulichtschutz und Versteifung) auf der Rückseite

Gewichtsverteilung des bereits verstärkten Teleskops in kgBasis1Rockerbox8,5Spiegelkiste + Höhenräder + Spiegellagerung138 Stangen (Carbon 160cm, Alu 30cm)2Hut mit Spinne, Fangspiegelhalter, Fangspiegel, Okularauszug, Telradsucher3Teleskop ohne Hauptspiegel25,5 kgHauptspiegel14gesamtes Teleskop mit Hauptspiegel39,5 kg

Das Teleskop (Spiegelkiste + Stangen + Hut) ohne dem Unterbau ist in einem Stück noch tragbar (ca. 18 kg). Somit erspare ich mir bei kurzfristigem Platzwechsel ein Zerlegen. Ich muss nur den Spiegel herausnehmen, die Rockerbox mit Basis auf den neuen Platz stellen und das Teleskop wieder einsetzen.

Blendensystem gegen Streulicht:

Blendensystem aus dünnem Alublech mit Muttern an 3mm Gewindestangen fixiert.
Blenden auf der inneren Seite des Okularauszuges sowie eine Stoffblende auf der gegenüberliegenden Seite am Hut.

Großer (25,4″) und Kleiner (18″) Riese im Einsatz: