Harmonik

Gedanken und Fakten zu Harmonikaler Grundlagenforschung …

Persönliche „Initialzündungen“ zu diesem Themenbereich:
Hermann Hesses „Glasperlenspiel“,
mein Freund und erster Harmonik-Lehrer Kurt Haider – Institut für Musiktheorie und harmonikale Grundlagenforschung,
mein ehemaliger Lehrer Rudolf Haase auf der Uni Wien beim Besuch der Vorlesung
„Einführung in die Harmonikale Grundlagenforschung“,
die Musiktheorie und Akustik,
die Musik und Natur
sowie meine amateurastronomische Tätigkeit.

Harmonik (von lat.-griech. harmonia, „Zusammenfügung, Einklang“)
Im Mittelpunkt des harmonikalen Weltbildes stehen akustische Gesetzmäßigkeiten, die sich vom Monochord ausgehend erklären lassen. In der Antike wird das Monochord meist kanón genannt („gerader Stab“, „Richtscheit“ mit einer Saite und beweglichem Steg).

Das Hauptanliegen der Harmonik ist es, ganzzahlige Proportionen als kosmische Normen auszuweisen.

Monochordbau im Dezember 2008:

Bau zweier Monochorde, besser gesagt Polychorde (mit je 16 Saiten, Stimmung a = 220 Hz). Besaitung mit nur 0,2 mm dünnem Klavierdraht. Schalllöcher in Form der griech. Tetraktis. Mit Bienenwachs eingelassen. Als verschiebbare Stege nahm ich eine Dreieckleiste aus Buche. Die 80cm Mensur sind durchaus schon gut verwendbar (selbst der 16. Oberton hat bei Weglassen des Grundtones noch eine Saitenlänge von 10cm). Durch die dünne Bauweise und leichte Besaitung klingt sogar noch so ein kurzer Saitenteil sehr schön. Diese Instrumente werden im Musiktheorieunterricht von meinen Studierenden gerne verwendet:

Monochord-Überreichung zu Weihnachten 2009:
mein Freund und ehem. Lehrer Prof. Kurt Haider bekam das gewünschte 18-saitige Polychord mit 120cm Mensur:

Johannes Kepler (27. Dez. 1571 – 15. Nov. 1630)

Harmonices Mundi libri V (Weltharmonik, wörtlich „Fünf Bücher zur Harmonik der Welt“) aus dem Jahre 1619.
Kepler sprach in diesem Werk von einem harmonischen Gesetz. Er glaubte, dass es eine musikalische Harmonie enthülle, die der Schöpfer im Sonnensystem verewige. „Ich fühle mich von einer unaussprechlichen Verzückung ergriffen ob des göttlichen Schauspiels der himmlischen Harmonie. Denn wir sehen hier, wie Gott gleich einem menschlichen Baumeister, der Ordnung und Regel gemäß, an die Grundlegung der Welt herangetreten ist.“

Anlässlich der Teilnahme am internationalen Lautenfestival 2008 in Regensburg Besuch Keplers Wohnhaus (v.1626-1628):

Ebenso Besuch seines Wohn- und Sterbehauses:

KEPLERS PLANETENTÖNE vom Grundton C aus:
Planetentöne der mit freiem Auge sichtbaren Planeten nach Johannes Kepler, Harmonices mundi libri V, Linz 1619.
Grundlage sind hier die zurückgelegten Tageswinkel der Planeten an den Extrempunkten ihrer Bahnen vom Blickwinkel der Sonne aus.
Perihel (P): kleinste Entfernung von Sonne, Aphel (A): größte Entfernung v. Sonne

Ich unterscheide Planetentöne erster Ordnung (z. B. bei Mars verhält sich der Tagesbogen im Aphel zu dem im Perihel im Verhältnis einer Quinte 2 : 3) als auch Planetentöne zweiter Ordnung (z. B. Tagesbogen Saturn Aphel zu Jupiter Perihel = eine Duodezime 1 : 3)
Die folgende Tabelle zeigt die Planetentöne erster Ordnung:

Planet A:P Intervall Grundton C Korrektur
Merkur 5:12 (Fehler bei Kepler) 8+kl3 c1-es2 korr. 9:20 Int. 8+2 = d2-e3
Venus 24:25 Chrom. Halbton g3-gis3  
Erde 15:16 Diat. Halbton h2-c3  
Mars 2:3 5 c-g  
Jupiter 5:6 kl3 e1-g1  
Saturn 4:5 gr3 c1-e1  
Uranus 5:6 kl3 e1-g1  
Neptun 80:81 Syntonisches Komma    
+ Mond 3:4 *) 4 g1-c2  

*) Apogeum : Perigeum (erdfernster sowie erdnächster Punkt)

Die von mir errechneten Planetentöne  nach den oktavierten Tageslängen der Himmelskörper:


Die Tagesrotationen holen wir uns mit Hilfe von akustisch-musikalisch legitimen Okavtierungen (Verdoppelung der Frequenz = Ton wird um eine Oktave höher) in unseren Hörbereich  – ein Hörbarmachen möglicher Planetentöne.
(Inklusive Sonne und Mond)

In der 29. Oktave (Tagesrotation der Himmelskörper 29 mal oktaviert)
kann vom gesunden menschlichen Gehör der gesamte Planetenklang wahrgenommen werden:

Dazu die Formel: [1\t (in Sek.)] * 2n (die gewünschte Anzahl der Oktavierungen)


Die Tageslängen der Himmelskörper in Sekunden umgerechnet,
1/Tagessekunden [= Hertz] . 229

Beispiel Erdenton:
 
Dauer der Erdrotation von einem
Sonnenhöchststand bis zum nächsten:
1 Tag = 86164 Sekunden.

Frequenz der Rotation in Hertz:
1 : 86164 Sekunden = 0,00001161 Hz
(Hz = Schwingungen pro Sekunde)

Diese Frequenz in den (höheren) menschlichen Hörbereich verdoppelt:
0,00001161 Hz x 229  = 6230,8 Hz
[Hinweis für Nichtmathematiker am PC: Pfad Programme/Zubehör/Rechner/Ansicht/Wissenschaftlich, Taste x^y für „hoch“]
(229 bedeutet 29-fache Verdoppelung).

Himmelskörper Tageslänge in Sek. 25. 26. 27. 28. 29. 30. 31.
Merkur 58d15h36min 5067360       53 105,9 211,9 423,8
Venus 243d27min 20996820         25,6 51,1 102,2
Erde 23h56min4s 86164 389,5 778,9 1557,7 3115,4 6230,8    
Mars 24h37min22s 88642 378,5 757 1514,2 3028,3 6056,6    
Jupiter Äquatornähe 9h50min30s 35430 947 1894,1 3788,25 7576,5 15153    
Jupiter Polnähe 9h55min41s 35741 938,8 1877,6 3755,3 7510,6 15021    
Saturn Äquatornähe 10h13min59s 36839 910,8 1821,7 3643,4 7286,7 14573,4    
Saturn Polnähe 10h39min 22s 38362 874,7 1749,4 3498,7 6997,4 13994,9    
Uranus 17h14min24s 62064 540,6 1081,2 2162,6 4325,1 8650,3    
Neptun 16h6min36s 57996 578,6 1157,1 2314,3 4628,5 9257    
Pluto 6d9h17min34s 519454 64,6 129,2 258,4 516,8 1033,5 2067  
Mond siderisch *) 27,32166d 2354143,5   28,5 57 114 228 456  
Mond synodisch *) 29,53059d 2544473,8   26,4 52,7 105,5 211 422  
Sonne Äquatornähe 25,4d 2188565,6   30,7 61,3 122,6 245,3 490,6  
Sonne Polnähe 36d 3101904   21,6 43,3 86,5 173 346,2  
Sonne mittlere Breite 27,5d 2369510   28,3 56,6 113,3 226,6 453,1  
Sonne unterhalb Konvektionszone 27d 2326428   28,8 57,7 115,4 230,8 461,5  

*) Siderische Rotation: von der Sonne aus betrachtet, synodische Rotation: z.B. von Vollmond zu Vollmond (von der Erde aus betrachtet)

KAMMERTON 440Hz: gleichschwebend temperierte chromatische Tonleiter c’= 261,6Hz, cis’= 277,2Hz, d’= 293,7Hz, dis’= 311,2Hz, e’= 329,7Hz, f’= 349,3Hz, fis’= 370,1Hz, g’= 392,1Hz, gis’= 415,4Hz, a’= 440,1Hz, ais’= 466,3Hz, h’=494,1Hz, c’’= 523,2 (Halbtonerhöhung= Multiplikation mit 1,0595)

KAMMERTON 435 Hz: gleichmäßig temperierte chromatische Tonleiter c‘ = 257Hz, cis‘ = 272,2Hz, d‘ = 288,4Hz, dis‘ = 305,5Hz, e‘ = 323,7Hz, f‘ = 343Hz, fis‘ = 363,4Hz, g‘ = 385Hz, gis‘ = 408Hz, a‘ = 432,2Hz, ais‘ = 458Hz, h‘ = 485Hz, c‘‘ = 514Hz

Ausgehend vom Jahreston [Erdumlauf um die Sonne] erhält man (nach oben beschriebener Formel) in der 32. Oktave die Frequenz 136,1 Hz. Das entspricht unserem gebräuchlichen cis.  Dieser ist oft der Grundton der indischen Sitar- und Tamburamusik und wird „Sadja“ genannt, was übersetzt heißt „Vater der Anderen“. Auch die heilige Silbe „OM“ wird oft auf ihm eingestimmt, wichtigster Grundton der religiösen Tempelmusik.

Allerdings wird das wichtigste klassische indische Melodieinstrument, die „Sitar“, und mit ihr die „Tambura“ in unserer Zeit auch in C, meist allerdings in D gestimmt. Der Grund ist eine bessere Zusammenspielmöglichkeit mit westlichen Instrumenten, was ganz der heutigen „Worldmusic“ entspricht. Die „cis-Nähe“ bleibt allerdings vorhanden. Man könnte sich durchaus vorstellen, dass die Jahrhunderte bis Jahrtausende lange Fähigkeit der Kontemplation und Meditation der indischen Kultur den Jahreston erfahrbar machen konnte.


Diesen Ton mit 136,1 Hz nochmals oktaviert ergibt das cis‘ mit 272,2Hz. Von diesem werden die weiteren Töne der gleichschwebend temperierten chromatischen Tonleiter errechnet. Das ergibt dann der Kammerton a‘ = 435Hz. Dieser Ton wurde interessanterweise auch als Standard der 1885 in Wien abgehaltenen Internationalen Stimmtonkonferenz festgelegt.

Himmelskörper 29.Oktave Töne bei a‘ = 440 Hz Töne bei a‘ = 435Hz
Merkur 105,9 Hohes Gis, Diff. +8,2Hz Tiefes A, Diff. -8,6Hz
Venus 25,6 Tiefes Gis2, Diff. -5,8Hz Gis2, Diff. +1,6Hz
Erde 6230,8 Tiefes g5 Diff. -2,7Hz Hohes g5 Diff +4,4Hz
Mars 6056,6 Hohes fis5 Diff. +8,4Hz Tiefes g5 Diff. -6,5Hz
Jupiter Äquatornähe 15153 Hohes ais6 Diff. +7,2Hz Tiefes h6 Diff. -11,5Hz
Jupiter Polnähe 15021 Hohes ais6 Diff. +3,1Hz Hohes ais6 Diff. +11,4Hz
Saturn Äquatornähe 14573,4 Tiefes ais6 Diff. +10,9Hz Tiefes ais6 Diff. -2,6
Saturn Polnähe 13994,9 Tiefes a6 Diff. -2,8Hz Hohes a6 Diff. +5,1Hz
Uranus 8650,3 Tiefes cis6 Diff. -6,9Hz Tiefes cis6 Diff. -1,9Hz
Neptun 9257 Tiefes d6 Diff. -4,5Hz D6 Diff. +0,8Hz
Pluto 1033,5 Tiefes c3 Diff. -6,4Hz Hohes c3 Diff. +2,8Hz
Mond siderisch *) 228 Tiefes ais Diff. -10,3Hz Tiefes ais Diff. -2Hz
Mond synodisch *) 211 Hohes gis Diff. +6,6Hz Tiefes a Diff. -10,2Hz
Sonne Äquatornähe 245,3 Tiefes h Diff. -3,5Hz Hohes h Diff. +5,6Hz
Sonne Polnähe 173 tiefes f Diff. -3,3Hz Hohes f Diff. +3Hz
Sonne mittlere Breite 226,6 Hohes a Diff. +12,5Hz Tiefes ais Diff. -5,4Hz
Sonne unterhalb Konvektionszone 230,8 Tiefes ais Diff. -4,7Hz Hohes ais Diff. +3,6Hz
    Differenzensumme 107,8 Differenzensumme 87

Beim Sadja-Ton (a‘ = 435Hz) ist somit die Differenzensumme deutlich geringer als beim Stimmton a‘ = 440Hz.
Bei der Realisierung dieser hypothetischen Planetentöne am Monochord wäre somit der tiefere Kammerton realitätsbezogener.

Bei Experimenten am Klavier muss man etwas zusammenrücken:
Venus von Gis2 auf Gis1
Neptun, Uranus, Saturn, Jupiter von der 6-gestrichenen Oktave in die 4-gestrichene Oktave,
Erde sollte dann analog dazu von der 5-gestrichenen in die 4-gestrichene Oktave nachrutschen. Sonst bleibt alles normal.

  SO MO ME VE ER MA JU SA UR NE PL
a‘=440Hz  ~ ais ~ a ~ gis ~ gis ~ g ~ fis ~ ais ~ a ~ cis ~ d ~ c
a‘=435Hz ~ ais ~ a ~ a ~ gis ~ g ~ g ~ ais-h ~ a ~ cis ~ d ~ c

Weitere harmonikale Beispiele aus dem Bereich der Himmelsmechanik:

Die Jupitermonde Ganymed, Europa und Io rotieren im Verhältnis von 1 : 2 : 4 (Grundton, Oktave, Doppeloktave). Kallisto verhält sich in seiner Umlaufzeit in einer 3 : 7 Bahnresonanz mit Ganymed.

Merkur hat eine gebundene Rotation: er dreht sich während zweier Umläufe um die Sonne 3 mal um seine Achse (2 : 3 = Quinte).

Die siderische Rotationsperiode von Venus (243,091d) und die siderische Umlaufzeit der Erde (365,256d) stehen in einem Quintverhältnis 2 : 3

Während zwei Plutojahren (Plutojahr : 247,68J) bewegt sich  Neptun (Neptunjahr: 164,79J) drei mal um die Sonne. Somit ebenfalls ein Quintverhältnis 2 : 3.


Ein besonders interessantes Thema unserer Gegenwart: Die Entdeckung und Erforschung von Exoplaneten.
Der Stern Gliese 876 liegt im Sternbild Wassermann und ist ca. 15 Lichtjahre von uns entfernt. Bis jetzt sind 3 Begleiter gefunden worden. Hier wäre zu berichten, dass Gliese 876b (entdeckt 1998, Umlauf 30,3 Tage,  ca. 2 Jupitermassen von Stern entfernt 0,2 AE) und Gliese 876c (entdeckt 2007, Umlauf 60,9 Tage, 0,6 Jupitermassen, Entf. von Stern 0,13 AE) sich im Verhältnis einer Oktave 2:1 bewegen !!!

siehe Bahnresonanz http://de.wikipedia.org/wiki/Laplace-Resonanz


Über die Sphärenharmonie und die griechische Astronomie

Introduktion

°) Schon aus den Zeiten schriftloser Kulturen existieren mannigfaltige archäologische Funde vom himmelskundlichen Wissen des frühen Menschen: Grabbauten zur Verehrung der Ahnen und der Gestirngötter, die auf höherer Kulturstufe zu Observatorien und daraus entstehenden Kalenderbauten wurden (berühmte Beispiele sind Stonehenge ca. 1900-1600 v. Chr., Scheibe von Nebra, ca. 3600 v. Chr.).

°) Astrologische Bedeutung der frühen Astronomie: Die 1847 gefundene riesige babylonische Bilbliothek des Königs Ašurbanipal, 7. vorchristliches Jhdt., brachte 7000 (!) Tontafeln mit verschiedensten Horoskopen zum Vorschein, die bis 2000 v. Chr. zurückreichen. Beispiel: „Wenn Ištar [= Venus] in ihrem Feuerlicht die Brust des Skorpions beleuchtet, dessen Schwanz dunkel ist und dessen Hörner hell leuchten, so wird Regen und Hochwasser das Land verwüsten …“

Die Babylonier hatten übrigens auch eine Hauptgöttertrinität: Mondgott Sin (Herr über das Pflanzenwachsstum, lenkt die Zeit und Geschicke der Menschen), der Sonnengott Ŝamaš (Sohn des Mondgottes, Herr über Leben und Gerechtigkeit), die Venusgöttin Ištar (Tochter des Mondgottes, Liebesgöttin).

°) Das himmelskundliche Wissen der Menschen hatte nicht nur große Bedeutung für die Schiffsfahrt, sondern auch für die Ernährung, das inkludiert z.B. die Bestellung der Felder bei „Ackerbau und Viehzucht“ ab dem Ende der Eiszeit. Mit dem Frühaufgang um den damaligen 20. Mai galten die Plejaden als Signalgeber für die beginnende Ernte.

HESIOD, Griechenland, ca. 700 v. Chr. : „Wenn das Gestirn der Plejaden, der Atlasgeborenen, aufsteigt, dann fang an mit dem Mähen, und pflüge, wenn sie versinken.“ (Werke und Tage, Vers 382, 383)

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°) Die Griechen verehrten nur HELIOS, die Sonne und SELENE, den Mond als Götter. Die Pythagoreer übernahmen das babylonische Gedankengut bezüglich der Göttlichkeit der Planeten. Animistische Theorie: Weil die Gestirne „göttlich und ewig“ sind, folgen sie streng geordneten und gleichmäßigen Kreisbewegungen. Der pythagoreische Kosmos ist somit ein beseelter Kosmos, von den lebenden Göttern geschaffen und in Gang gehalten.

°) Materialistische Theorie: Zu dieser Zeit lehrten ANAXAGORAS (499 – 428 v. Chr.) und DEMOKRITOS (460 – 371 v. Chr.) dass die Gestirne vom Wirbel des Äthers aus der Erde herausgerissene leblose, glühende Steine sind. Diese Gestirne führen ungeordnete Wirbelbewegungen aus und gehorchen keinen mathematischen Gesetzmäßigkeiten. ANAXAGORAS: schrieb das erste Buch des Abendlandes in Prosa. Er fand heraus, dass der Mond sein Licht von der Sonne erhält. Er erkannte die Zusammenhänge von Mond- und Sonnenfinsternisse. Die Erde ist für ihn eine flache Scheibe. Er wurde von ARISTOTELES ausdrücklich gelobt, weil er der erste war, der den Geist (Nous) als bewegendes Weltprinzip in die Philosophie eingeführt hat. Der Nous – die Welt-Vernunft, unpersönlicher Weltgeist, hat das Chaos der zahllosen winzigen Teilchen der Urmischung geordnet. Der Nous ist nach A. aus sich selbst entstanden, ist absolut rein und vermischt sich mit nichts. Er unterscheidet erstmals in der Philosophie strikt zwischen Materie und Geist. A. war überzeugt, dass das Seiende unbegrenzt teilbar sei, denn es ist unmöglich, dass das Seiende durch unendliche Teilung zu nichts wird. Die Vielfalt der Stoffe sowie ihre Mischung und Trennung bewirkt allerdings nicht der Nous, sondern wird auf Materialursachen zurückgeführt (Kritik PLATON’S an A.). Die altgläubigen Kreise Athens standen den neuen Theorien ANAXAGORAS bald ablehnend gegenüber: Es wurde ihm fast der  Prozess gemacht wegen Asebie (Gotteslästerung). Selbst PERIKLES, dem berühmte Staatsmann Athens und Schüler ANAXAGORAS, gelang es nur mit großer Mühe, ihn aus seiner Todeszelle zu befreien. Somit verbrachte er seine letzten Jahre im Exil.

DEMOKRITOS: Kosmen (Kosmoi) bilden sich aus unendlich vielen Atomen, aus denen sich durch Druck und Stoß eigene Welten bilden. Nach seiner Ansicht hat der Mensch mangels besseren Wissens aus Angst die Naturgewalten (Donner, Blitz, Sonnen- u. Mondfinsternisse, …) als Götter interpretiert. DEMOKRIT und EPIKUR erklären die Seele für vergänglich; denn sie gehe mit dem Körper zugrunde (Aetius IV 7,4 = Fr. A 109)

°) Der Begriff Harmonie war auch ein Synonym für Tonleiter, also für die Ordnung des tonalen Logos. Die irdische Musik war Nachahmung der kosmischen Musik. Nach JAMBLICHOS VON NIKOMACHOS war PYTHAGORAS wie auch ORPHEUS Schamane und Mysterienbegründer sowie die kosmische Musik ein mystisches Ereignis: PYTHAGORAS konzentrierte sich auf die erhabenen Zusammenklänge des Kosmos. Er ließ sich von der kosmischen Musik durchtränken und versuchte seinen Jüngern Abbilder zu geben, in dem er für sie die Sphärenmusik auf der Lyra oder mit der Stimme nachahmte. Die kosmische Musik wird so zum Paradigma für die irdische Musik.

°) Die ältern Pythagoreer (nach verschiedenen Quellen bereits Pythagoras selbst) nahmen die Kugelgestalt der Erde an. Die Gestirne bewegen sich gleichmäßig auf kreisförmigen Bahnen. Die Töne der Planeten ändern sich aufgrund der gleichbleibenden Geschwindigkeit nicht. Die sieben verschiedenen Töne, die sich nun durch den Umlauf der Sonne, des Mondes und der fünf Planeten ergeben, bilden eine Harmonie im Sinne einer Tonleiter. Der Mond ist nach dem pythagoreischen Modell auf dem innersten Kreis (= höchster Ton), der Saturn der äußerste Kreis (= tiefster Ton). Reihenfolge: Mond – Venus – Merkur – Sonne – Mars – Jupiter – Saturn (Venus vor Merkur !!!) Das entspricht den Lyra-Saiten d‘, c‘, b, a, g, f, e. Setzt sich aus zwei gleich gebauten Tetrachorden zusammen: Ganzton – Ganzton – Halbton. Der letzte Ton des ersten Tetrachordes (Mese) ist zugleich der erst Ton des zweiten Tetrachordes. Heptatonische Skala. Der Mittelton Mese ist der Sonne zugeordnet, die nach orphisch-pythagoreischer Tradition dem APOLLON entspricht. (nach NIKOMACHOS VON GERASA, 2. nachchristliches Jh.)

°) PHILOLAOS VON KROTON, um 440-400 v. Chr.: Mittelpunkt Zentralfeuer („Herd des Weltganzen“, „Haus des Zeus“, Mutter und Altar der Götter“, „Zusammenhalt und Maß der Natur“), dann Gegenerde, liegt der sich erstmals drehenden (!) Erde gegenüber und ist wie auch das Zentralfeuer von der Erde nicht sichtbar), dann Mond, Sonne, Venus, Merkur, Mars, Jupiter, Saturn, Fixsternsphäre. Außerhalb der Fixsternsphäre befindet sich ein feuriger Äther, aus dem der Kosmos sein Licht empfängt. Bei PHILOLAOS ist das Weltbild mit mythischen Raumvorstellungen eng verflochten: Die vollkommene Sphäre der Ordnung sowie die unvollkommene Sphäre des Werdens ( Erde) sind mythische Räume (Temena).

°) PLATON hat das astronomische Weltbild der Pythagoreer weitgehend übernommen: wären die Gestirne aber unbeseelt und unvernünftig, wie die Atomisten annehmen, könnten ihre Bewegungen keinen mathematischen Gesetzen folgen. Zugleich fordert Platon eine ideale Astronomie. die sich nur mit gedachten Bewegungen von geomeztrischer Figuren befasst, weil für ihn die empirischen Wissenschaften niemals unbedingte Sicherheit bringen können. Er vertrat der Meinung, dass die Planetenbewegungen nur scheinbar unregelmäßig sind, in Wahrheit aber sind sie einfach und kreisförmig. PLATON forderte von den Astronomen seiner Zeit Theorien, die die scheinbaren Anomalien der Planetenbewegungen (Stillstände und Rückläufe und Schleifenbildungen) durch gleichmäßige Kreisbewegungen erklären sollten.

°) ARISTOTELES in seiner Schrift De caelo, Vom Himmel: Die Pythagoeer meinten, dass der Mensch den Klang der Gestirne nicht hören kann, weil er seit seiner Geburt von diesem Klang umgeben ist. Der Klang kann nur wahr genommen werden, wenn man ihn von der Stille unterscheiden kann.

°) ARISTOTELES kritisierte das pythagoräische Weltbild aus der Sicht eines empirisch orientierten Naturforschers: Da sie glaubten (die Pythagoreer), die Zahl 10 sei vollkommen und umfasse die gesamte Natur der Zahlen, behaupten sie auch, dass die bewegten Himmelskörper zehn an der Zahl seien; aber weil lediglich neun sichtbar sind, erdachten sie sich als zehn die Gegenerde. ARISTOTELES erkennt aufgrund seines fehlenden metaphysischen Blickwinkels die Möglichkeit einer deduktiven Hypothese der Weltharmonie. (Deduktion: mit Hilfe der Deduktion werden spezielle Einzelerkenntnisse aus allgemeinen Theorien gewonnen.) Übrigens war Aristoteles‘ Weltbild  auch ein ausgesprochen kompliziertes hypothetisches System mit 55 Sphären, um die Bewegung der Planeten halbwegs plausibel erklären zu können. Die gleichförmige Bewegung der Planeten ist für A. lediglich „das erste Maß der Zeit“. Die Götter hingegen sind – wie das Ewige überhaupt – dem Maß der Zeit nicht unterworfen. Deshalb verlagert er die Sphäre des Göttlichen an die Peripherie des Universums. ARISTOTELES postulierte – im Gegensatz zu den Atomisten – die totale Immanenz des Raumes im Sinne eines kugelförmigen, endlichen Kosmos. Das aristotelische Universum war also begrenzt und überschaubar.

°) Der Pythagoreer ARCHYTAS VON TARENT (um 400-360 v. Chr.) versucht die Frage, warum wir die Sphärenharmonie nicht hören können, mit physikalisch-physiologischen Ursachen zu beantworten: teils wegen des schwachen Anschlags, teils wegen der weiten Entfernung und teils wegen der außerordentlichen Stärke. So gewaltige Schälle können nicht in unser enghalsiges Gehör eindringen.

°) EUDOXOS VON KNIDOS, Schüler von ARCHYTAS, ev. von PLATON: die homozentrischen Sphären des EUDOXOS sind ein geozentrisches System ineinandergeschachtelter Hohlkugeln, mit denen man die scheinbaren Planetenbahnen aus gleichförmigen Kreisbewegungen erklären kann (Forderung Platons‘): jeder Planet benötigte mehrere Sphären (Sonne und Mond je 3 Sphären, die übrigen 5 Planeten je 4 Sphären, die Fixsterne 1 Sphäre), sind zusammen 27 Sphären, mit deren Hilfe man die Planetenbewegungen annähernd wiedergeben und vorberechnen konnte. Die einzelnen Sphären jedes Planeten sind ineinander verschachtelt und drehbar. Der Mittelpunkt ist jeweils die Erde, deshalb „homozentrische Sphären“.  Es war das erste rein mathematisch-geometrische Planetensystem. Der Planet Mars war in diesem System aber von seinen speziellen Bahnbewegungen nicht rechts integrierbar.

°) Die Epizykeltheorie des HERAKLEIDES VON PONTOS (ca. 388-310 v. Chr.): Er erstellte ein geozentrisches System, bei dem jeder Himmelskörper einen Hauptkreisen (Deferent) benötigt, auf dessen Peripherie ein Teilskreis (Epizykel) steht. Auf dessen Peripherie sitzt der Planet. Diese drehenden Kreise bieten die Möglichkeit, die Schleifen der Planetenbahnen zu erklären. Der Planet führt also eine zweifache Bewegung aus: eine Drehung um den Mittelpunkt der Epizykel und eine Drehung zusammen mit der Epizykel um den Mittelpunkt des Deferenten. Merkur und Venus (die inneren Planeten) ließ er um die Sonne kreisen während Mond, Mars, Jupiter und Saturn um die Erde kreisen. Durch die wechselnden Abstände der Planeten von der Erde konnte man auch die Helligkeitsschwankungen erklären. („reife Epiykeltheorie„)

°) Nach PLATON, GEMINOS und PLINIUS haben die Pythagoreer bereits eine einfache Epizykeltheorie gelehrt, bei der sich die Epizykel der inneren Planeten Venus und Merkur nach links, die Epizykel der äußeren Planeten nach rechts gedreht haben. („primitive Epizykeltheorie“ nach VAN DER WAERDEN, Die Pythagoeer, S. 450 f)

°) ARISTARCHOS VON SAMOS (310-250 v. Chr.) war letzter großer pythagoreischer Astronom und Mathematiker. ARCHIMEDES schrieb: „Er (Aristarchos) nahm an, die Fixsterne und die Sonne bleiben unbeweglich stehen, die Erde jedoch werde im Kreise um die Sonne geführt“. ARISTARCHOS: „der Himmel sei in Ruhe, doch die Erde bewege sich in einem geneigten Kreis und gleichzeitig drehe sie sich um die eigene Achse.“

°) HIPPARCHOS VON NIKAIA: (ca. 190-120 v. Chr.): der bedeutendste Astronom, gilt vielen als der eigentliche Begründer der Astronomie. PTOLEMAIOS hat die wichtigsten Arbeiten HIPPARCHOS abgeschrieben und übernommen. Im Almagest, dem Hauptwerk des PTOLEMAIOS blieben so die wichtigsten Arbeiten HIPPARCHOS erhalten. Er entdeckte die Präzession der Äquinoktien – die Bewegung der Tag- und Nachtgleichen entlang der Ekliptik und somit die Verschiebung des Frühlingspunktes. Das Platonische Jahr ist die Präzessionsbewegung der Erde, eine vollständige Umdrehung in 25686 Jahren. Die Entfernung des Mondes bestimmte HIPPARCHOS mit 30 1/4 Erddurchmesser, wobei die Fehlerquote nur 0,3 % betrug. Seine Tafeln zu den Mondfinsternissen waren vorbildlich und wurden Jahrhunderte lang benützt. Er erstellte einen Sternkatalog mit über 850 Sternen. Er teilte alle mit dem bloßen Auge sichtbaren Sterne in 6 Größenklassen ein. Dieses System wird heute noch verwendet. HIPPARCHOS führte die exzentrische Lage der Sphären bei Sonne und Mond ein: der Deferent kann nämlich ein Konzenter oder Exzenter sein, d. h. die Erde kann sich im Mittelpunkt oder außerhalb des Mittelpunktes befinden. Bei der Exzentertheorie durchläuft somit die Sonne bzw. der Mond einen exzentrischen Kreis um die Erde. Dadurch erklärte HIPPARCHOS die unterschiedlichen Längen der Jahreszeiten (Frühling 94,5 Tage, Sommer 92,5 Tage, Herbst 88,125 Tage, Winter 90,125 Tage, Summe Jahreslänge 365,25 Tage)

°) KLAUDIOS PTOLEMAIOS (ca. 100-178 n. Chr.): mit seinem Almagest schrieb er das berühmteste astronomische Werk der Spätantike. Es handelt sich um eine große Zusammenfassung der Astronomie der Antike in 13 Büchern: die beiden ersten Bücher zeigen Argumente für das geozentrische Weltbild, wie sie seit dem 4. vorchristlichen Jahrhundert diskutiert wurden. Es folgt die Erklärung der Unförmigkeit der jährlichen Sonnenbewegung durch die Epizykel- und Exzentertheorie, wobei PTOLEMAIOS die mathematische Äquivalenz beider Hypothesen beweist. Er gibt die Jahreslänge mit 365 Tagen, 5 Stunden und 55 Minuten an. In den Büchern 4 und 5 werden die unregelmäßigen Bahnbewegungen mit der Epizykeltheorie, der Mond- und Sonnenabstand von der Erde berechnet sowie Daten von Mondfinsternissen angegeben. Die Bücher 7 u. 8 beschäftigen sich mit den Fixsternen. Neuberechnung der Präzession, allerdings war die Berechnung von PTOLEMAIOS wesentlich ungenauer als die von HIPPARCHOS. Das 8. Buch wurde die Größenangaben für 1025 Fixsternen in 48 Bildern berühmt. Alle Sternkataloge der nächsten 1500 Jahre folgen dem Aufbau, der Terminologie und den Kooardinatenangaben dem Werk PTOLEMAIOS. Die restlichen 5 Bücher enthalten die ptolemäische Planetentheorie. Das aristotelisch-ptolemäische Weltsystem war besonders erfolgreich, weil es verstand, geometrische Beweise für die zentrale Stellung der Erde zu liefern, die offensichtlich mit den empirischen Beobachtungen gut übereinstimmten. Für PTOLEMAIOS wie auch für ARISTOTELES war das Universum begrenzt. Allerdings kritisierte PTOLEMAOIS das überaus komplizierte aristotelische physikalische Planetensystem mit seinen 55 Sphären und schuf auf mathematischer Basis ein noch unwahrscheinlicheres System mit verknoteten Epizyklen und beweglichen Exzentern. Er setzte auf den Epizyklen nochmals Epizyklen auf. Weiters führte er Äquanten ein. Ein Äquantenpunkt ist ein fiktiver Punkt nahe des Kreismittelpunktes, dessen Position je nach Bedarf angepasst werden konnte. Das Ergebnis ist eine ungleichförmige Bewegungsgeschwindigkeit des Deferenten und seines auf ihm fixierten Planeten. Die Äquanten wurden am häufigsten auf Extenter, manchmal auch auf Epizyklen angewandt. Dieses Labyrinth von Extendern und Epizyklen, Räder in Räder, hatte 39 Räder. KOPERNIKUS kritisierte zu Recht dieses System. Besonders beanstandete er, dass die Äquanten das platonische Axiom von der gleichförmigen Kreisbewegung verletzen würden. Als echter Platoniker erweist sich PTOLEMAIOS allerdings, wenn er jedem Planeten eine „Lebenskraft“ zuschreibt, die die Epizyklen und Hauptkreise antreibt.

Die Astrologie war für PTOLEMAIOS nichts Magisches, sondern praktischer Teil der Astronomie. Sein astrologisches Hauptwerk, Tetrabiblos (Vierbuch), war genauso angesehen und verbreitet wie sein Almagest. Obwohl er die pythagoreisch-platonische Auffassung von der Göttlichkeit der Gestirne übernahm, versuchte er eine rationalistisch fundierte Astrologie zu entwickeln, die Elemente und Qualitäten als physikalische Energiequellen versteht. Sinn und Nutzen der Astrologie sah PTOLEMAIOS vor allem in der Bewahrung des Seelenfriedens, dem höchsten Ideal der Stoa. Denn wenn wir unser Schicksal aus den Sternen lesen, kann sich die Seele auf das Kommende einstellen und gelassen warten, bis es Wirklichkeit geworden ist.

Die drei Bücher Harmoniká des PTOLEMAIOS bieten eine systematische Darstellung der Musiktheorie seiner Vorgänger. Somit gehört die ptolemäische Harmonik zu den wichtigsten Quellen antiker Musiktheorie. Das erste Buch behandelt Begiffe wie Tonhöhe, Intervall und Konsonanz sowie Tetrachord- und Genoslehre (Tongeschlechter). Im zweiten Buch werden Tonsysteme etc. behandelt. Im dritten Buch wird die kosmische Harmonie, die Beziehung zwischen Weltmusik und Sphärenharmonie diskutiert. Dabei geht PTOLEMAIOS einer „harmonischen Kraft“ aus, welche die Bewegung der Himmelskörper wie jene der Seele beherrscht – eine Kraft, die Astronomie und Astrologie verbinden soll. Er sieht in den Bewegungen der Gestirne Tongeschlechter, Tetrachorde und Modulationen. Zu diesem Zweck „schneidet“ er den Tierkreis mit seinen 360° an einem der Äquinoktienpunkte auf, um gleichsam eine Saite zu erhalten. Ein Halbkreis entspricht mit 180° einer Oktave, der Vollkreis umfasste zwei Oktaven des Systema teleion: Opposition 180° = Oktave Diapason, Trigon 120° = Quinte Diapente, Quadratur 90° = Quarte Diatessaron. Er ordnete den Gestirnen wie auch den Elementen Zahlen zu, die ein Zehntel des Kreises entsprechen: Kreis 360° … Zahl 36, 180° … Zahl 18 usw. sowie Töne zu: das ergab die sog. Kanobus-Tonleiter (Name einer Stadt an der westlichen Nilmündung, in der PTOLEMAIOS eine Stele mit der Erklärung dieser Tonleiter aufstellen ließ):

Gestirn/Element Zahl Ton
Fixsternsphäre 36 h‘
Saturn 32 a‘
Jupiter 24 e‘
Mars 21,5 d‘
Sonne 18 h
Venus und Merkur 16 a
Mond 12 e
Feuer und Luft 9 H
Wasser und Erde 8 A

In dieser Tonleiter gibt  Oktav-, 5 Quart- u. Quintproportionen (z.B. Fixsterne : Sonne 36 : 18 = Oktave 2 : 1, Saturn : Jupiter 32 : 24 = Quinte 4 : 3, Sonne : Mond 18 : 12 = Quinte 3 : 2. Der Ganzton 9 : 8 ist bei den Elementen Feuer u. Luft zu Wasser u. Erde ebenso vorhanden. Die den Gestirnen zugeordneten Zahlen beruhen nicht auf wissenschaftlich empirischen Daten, jedoch versucht hier PTOLEMAIOS die Idee der Pythagoreer wieder aufleben zu lassen. Selbst JOHANNES KEPLER, der PTOLEMAIOS widerlegte, war von dem Versuch dieser Sphärenharmonie sehr angetan.

PTOLEMAIOS hat in seinen astronomischen Schriften immer vermittelt, dass die Astronomie verzichten müsse, die physikalischen Gegebenheiten hinter den Himmelserscheinungen zu erklären. Die Himmelkörper sind göttlicher Natur, daher gelten für sie andere Gesetze als die für die Erde gültigen. Hier folgte er der Autorität ARISTOTELES: die Trennung der vier Elemente der sublunaren Welt vom fünften Element, der Quinta essentia, der spezifischen Substanz der supralunaren Welt. Es kam nicht mehr darauf an, ob die astronomischen Hypothesen der physikalischen Wirklichkeit entsprachen, sonders es genügte, wenn man mit ihrer Hilfe die unregelmäßigen Planetenbewegungen als gleichförmige Bewegungen in kreisförmigen Bahnen darstellen konnte. Leider wurde diese Trennung zum Paradigma erhoben und legte somit die wissenschaftliche Astronomie für fast 1500 Jahre nahezu lahm.

°) ARISTOXENOS VON TARENT (um 370-300 v. Chr.): er kannte die Musiktheorie der Pythagoreer, ARCHYTAS und wurde Schüler von ARISTOTELES. ARISTOXENOS hat die Unterscheidung zwischen Musica theoretica und Musikca practica, die ARISTOTELES einführte, weiter ausgebaut. Aber vor allem erhob ARISTOXENOS den Anspruch, als erster eine systematische Harmonielehre vorgelegt zu haben – die Elementa harmonica (Die antike Harmonielehre bedeutet immer eine Musiktheorie, die sich primär auf das Melos, Harmonai [Tonarten] und den Rhythmus bezieht. Nicht auf den Akordaufbau im modernen Sinn). Im Gegensatz zu den Pythagoeern, sind für ARISTOXENOS nicht die exakten Intervallproportionen, sonders das Gehör die oberste Instanz für akustische Intervalle. Er lehnte deshalb die Definition musikalischer Intervalle nach Zahlenverhältnissen (Logoi) ab. Für ihn waren die Distanzen eines Intervalls eine Empfindungsqualität.

°) Die heliozentrische Theorie als alternatives Weltsystem

Der einzige Astronom, der ARISTAROCHOS folgte, war nach PLUTARCH der babylonische Astronom SELEUKOS, der ein überzeugter Anhänger der heliozentrischen Theorie war. Während ARISTARCHOS die heliozentrische Theorie als gute Hypothese ansah, war sie für SELEUKOS sogar eine bewiesene Tatsache. Die geozentrische Astronomie, die das kopernikanische Weltbild vorwegnahm, konnte sich gegen das geozentrische Weltsystem nicht durchsetzen. Zwar konnte PTOLEMAIOS nicht umhin, zuzugeben, dass das heliozentrische System des ARISTACHOS aufgrund der Erscheinungen und wegen seiner geometrischen Einfachheit anerkennenswert wäre. Er entschied sich jedoch unter dem Einfluß von ARISTOTELES für das geozentrische System.

Indessen beschäftigten sich die besten Intellektuellen weiterhin mit dem wissenschaftlichen Heliozentrismus der ARISTARCHOS, und zwar trotz der allgemeinen Akzeptanz des geozentrischen Weltbildes, das seit ARISTOTELES vorherrschend war. Immer wieder gab es theologische und astronomische Versuche, die Sonne als Zentralgestirn zu verstehen, um das die Planeten kreisen.

So schreibt CICERO in seiner Schrift De re publica über die Sonne: Die Sonne …, die Führerin, Fürstin und Lenkerin der übrigen Sterne. Als Seele der Welt und Ordnerin ist sie von so gewaltiger Größe, dass sie alles mit ihrem Licht erleuchtet und erfüllt. Ihr folgen wie Begleiterinnen einmal die Venus, zum anderen der Merkur auf der Bahn ….

Eine Voraussetzung für die Beschäftigung mit dem Heliozetrismus war die archetypische Bedeutung der Sonne, die ursprünglich aus Ägypten kam. Es sei auch an die Sonnenhymnen der frühen Christenheit erinnert. Noch für Kaiser KONSTANTIN (274-337) war die Sonne als Sonnengott SOL die sichtbare Personifizierung des höchsten unsichtbaren Gottes, der das ganze Universum beherrschte.

Ebenso plädiert der Neupythagoreer THEON VON SMYRNA für ein heliozentrisches Weltbild. Nachdem er wie HERAKLEIDES annimmt, Merkur und Venus könnten um die Sonne kreisen, schlägt er vor, die Sonne sollte das Herz des Universums genannt werden, da das All sowohl eine „Welt als auch ein Lebewesen“ sei.

Tatsache ist, dass die heliozentrische Theorie gegen die Paradigmen der aristotelischen Physik chancenlos war. Ganz einfach deshalb, weil sich die aristotelische Physik umfassend bewährt hatte und ihr die Empiriker deshalb geradezu blindlings vertrauten. So waren zum Beispie die Argumente der Aristoteliker gegen eine sich drehende Erde und eine Erdbewegung um die Sonne durch empirische Beobachtungen nicht zu widerlegen. Gegen die Erdumdrehung sprach, dass ein schwerer in die Höhe geworfener Körper, wenn er aus der Höhe herab fällt, eine senkrechte Gerade zur Erdoberfläche beschreibt …

Ein weiterer Vorteil des ptolemäischen Systems war, dass es präzise Voraussagen über die Positionen der Planeten lieferte, was nicht zuletzt für die Astrologie wichtig war. Aber vor allem gab das ptolemäische System dem naiven Realismus der Alltagserfahrung eine kosmolgische Rechtfertigung. Außerdem kam die Beibehaltung der platonischen Doktrin, dass sich die Planeten gleichförmig auf kreisförmigen Bahnen bewegen, dem intellektuellen Bedürfnis entgegen, Ordnung und Struktur in die verwirrende Vielfalt der Erscheinungen zu bringen. Obwohl es zweifellos Schwachpunkte im ptolemäischen Weltsystem gab, so war letztlich doch die Verbindung von Sinneserfahrung und mathematischen Hypothesen, also die Vereinigung von aristotelischen und platonischen Elementen zu einer Ganzheit, das Erfolgsrezept der ptolemäischen Astronomie. Mit anderen Worten, es gab Jahrhunderte lang keinen ernsthaften Grund, einen Paradigmenwechsel in der Astronomie und in der Kosmologie durchzuführen.

KOPERNIKUS feiert die Sonne, die „auf dem königlichen Thron sitzend, die sie umkreisende Familie der Gestirne“ lenkt. Und trotzdem – selbst er musste, weil er ebenfalls von der platonischen Doktrin der gleichförmigen Kreisbewegungen ausging, zur Erklärung der ungleichmäßigen Planetenumläufe die ptolemäischen Konstruktionsformen wieder einführen. In seinem Planetensystem steht daher die Sonne nicht genau im Zentrum der Planetenbahnen, sondern alle Planetenumläufe sind als exzentrische Kreise konstruiert. Er benötigt für die Marsbahn einen Epizykel, für die Erdbewegung ein Diagramm mit einem Doppelexzentersystem und einem Doppelepizykelsystem …  Man hat deshalb KOPERNIKUS auch als den letzten großen ptolemäischen Astronomen bezeichnet – ganz zu Recht, denn erst JOHANNES KEPLER wird die Sonne zum Zentrum der bewegenden Kraft im Planetensystem machen.


Xeokrates (~396/5~314 v.Chr), Schüler Platons, Athen „Pythagoreisches“, fr.9: „Pythagoras fand heraus, dass auch die Intervalle in der Musik nicht ohne Zahl entstehen.“ (Riedweg, Christoph, 2007, Pythagoras, S. 44)

Nikomachos von Gerasa (Stadt im Norden des heutigen Jordanien) war ein neupythagoreischer Mathematiker, Musiktheoretiker und Philosoph der römischen Kaiserzeit. 2 Jh. nach Chr. Aus seinem Harmonikón encheirídion („Handbuch der Harmonielehre“) über Pythagoras:
„… Und an einem einzigen Pflock, der über Eck an den Mauern befestigt war (damit nicht auch von diesem irgendein Unterschied ausgehe oder überhaupt die Verschiedenheit der je besonderen Pflöcke verdächtigt werde), befestigte er vier Saiten aus gleichem Material, mit gleich vielen Strängen, gleich dick und gleich gedreht, und hängte eine nach der anderen auf, wobei er am unteren Teil ein Gewicht anband und dafür sorgte, dass die Längen der Saiten ganz und gar gleich waren. Als er hierauf die Saiten im Wechsel zu zweit anschlug, entdeckte er die vorher genannten Konsonanzen, bei jedem Paar eine andere. Er bemerkte nämlich, dass die vom größtem Gewicht gespannte Saite im Verhältnis zu der vom kleinsten eine Oktave erklingen ließ. die Die eine hatte zwölf Gewichte, die andere sechs. So wies er nach, dass die Oktave auf der Proportion 2:1 beruht, was eben die Gewichte selbst anzeigten. Die größte ergab im Verhältnis zur zweitkleinsten, die aus acht Gewichten bestand, die Quintkonsonanz, woraus er aufzeigte, dass sie auf der Proportion 3:2 beruht, in der auch die Gewichte zueinander standen. Im Verhältnis zur zweitschwersten [Saite], welche größer als die übrigen war und neun Gewichte hatte, ergab [die schwerste] die Quartkonsonanz analog zu den Gewichten. Und er nahm sogleich war, dass sie die Proportion 4:3 hatte und von der Natur aus gleich gegenüber der kleinsten Proportion 3:2 (denn 9 verhält sich so zu 6), wie die zweitkleinste mit 8 im Verhältnis zu der mit 6 Gewichten in der Proportion 4:3, im Verhältnis zu den 12 Gewichten jedoch im Verhältnis 3:2 stand. Das Intervall zwischen Quint und der Quarte also, um das die Quinte die Quart übertrifft, wurde als Proportion 9:8 bestätigt … So soll er die Musik erfunden haben. Und nachdem er sie in ein System gebracht hatte, gab er sie seinen Jüngern zur schönsten Verwendung in allem weiter.“ (Riedweg, Christoph, 2007, Pythagoras, S. 45 f.)


Zeittafel zum Pythagoreismus
(wird nach und nach ergänzt)

6. Jh. v. Chr.

Thales v. Milet Milesischer Naturphilosoph, Urstoff: Wasser, hat für den 28. Mai des Jahres 585 v. Chr. erfolgreich eine Sonnenfinsternis vorausgesagt, nach Iamblich Lehrer v. Pyth.?  
Anaximandros Milesischer Naturphilosoph, u. a. erste Erdkarte u. Himmelsglobus, nach Iamblich Lehrer v. Pyth.?  
Anaximenes Milesischer Naturphilosoph, Urstoff: Luft, vermutete bereits, dass der Mond nicht selbst leuchtet, sondern ein von der Sonne angestrahlter Körper ist. Vorstellung des Kosmos als eines harmonischen wohlgeordneten Weltganzen  
Xenophanes v. Kolophon Naturphilosoph, Spottvers über Pyth. (älteste Zeugnis über Pyth.) ~580-~475
Phytagoras v. Samos Mega-Star dieser Zeittafel, charismatischer Philosoph, Mathematiker, „Erfinder“ der hell. Musik(theorie), Gründer des pyth. Geheimbundes, Vegetarismus, Seelenwanderung, Sphärenharmonie ~570
Alkmaion von Kroton nach Diogenes Laertios war A. Schüler Pythagoras, die Seele wie auch die Gestirne sind unsterblich und in ständiger Bewegung um 500
Hekataios v. Milet Verbesserung der Erdkarte, Erdbeschreibung ~560/550-480
  Reisen des Pyth. u. a. nach Ägypten ?  
Pherekydes v. Syros Kosmogoniker, Lehrer des Pyth.?  
Hermodamas Samischer Homeride, Lehrer des Pyth.?  
  Bau des Eupalinos-Tunnels in Samos durch den Architekten Eupalinos v. Megara ~550
Polykrates regiert in Samos, nach Aristoxenos war die Tyrannis von P. so groß, dass Pyth. 40-jährig Samos verließ 538-522
  Ankunft Pyth. in Unteritalien (Kroton) ~530
Milon v. Kroton Star-Ringer (32 Siege), war nach Iamblich Schüler von Pyth.?  
Heraklit v. Ephesos Ionischer Naturphilosoph, warf Pyth. Vielwisserei und faule Tricks vor  
Hippasos aus Metapont Klangexperimente, math. Interessen, Urstoff: Feuer um Jahrhundertwechsel

5. Jh. v. Chr.

  Kylonische Erhebung gegen Pyth. (von krotoniatischer Oberschicht ausgehend) ~500
Parmenides v. Elea Seinsphilosophie 520-~450
Theano Frau, Tochter od. Schülerin des Pyth.  
Bro(n)tinos v. Metapont    
Empedokles v. Akragas sizilischer Naturphilosoph, Nähe zu Orphik u. Pythagoreismus ~494-~434
Ion von Chios vielseitiger Literat in Athen, in den „Triagmoi“ schrieb er, dass Pyth. einiges gedichtet hatte und Orpheus zugeschrieben hat (Pyth. Nähe zu Orphikern) ~4490-422
  Tod des Pythagoras ~480
Herodot Geschichtsschreiber, nach Cicero „Vater der Geschichte“, schreibt dem Pyth. Nähe zu Ägyptischem zu (Seelenwanderung) ~485-424
  Ausbreitung des Pythagoreismus u. a. nach Lokroi, Rhegion, Tarent  
  antipyth. Aufstände ~450(440)-415
  räumliche Zersprengung der Pythagoreer; Entstehung neuer Zentren im griech. Mutterland  
Philolaos v. Kroton umfassende naturphil. Welterklärung, Ethik ~470-nach 399
Demokrit v. Abdera Atomist, „Pythagoras“ (ethisches Werk) geb. ~460
  Zunehmende Spaltung der Pythagoreer in „Akusmatiker“ und „Mathematiker“  
Archytas v. Tarent Pythagoreer der math. Richtung u. Politiker ~450-347
Aristophanes Komödie „Wolken“ (423; zw. 420 u. 417 überarbeitet) ~450-~386

4. Jh. v. Chr.

Hiketas, Ekphantos v. Syrakus, Echekrates v. Phleius weitere Pythagoreer in der „mathematischen“ Richtung  
Anaximandros d. J. von Milet „Auslegung der pythagoreischer Symbola“ ~400
Kleinias v. Tarent wie auch Archytas wurde auch K. für seine herausragende Sittlichkeit berühmt. Wenn er auf jemanden zornig wurde, habe er sich mit Lyraspiel beruhigt, ehe er zurechtwies. (Riedweg, Pythagoras, S.148)  
  Tod des Sokrates 399
Antithenes Sokratiker ~445-~365
Diodor von Aspendos Akusmatiker  
Isokrates In seiner Lobrede an Busiris wurde Pyth. als Paradebeispiel für die wundersamen Elemente der ägyptischen Frömmigkeit angeführt. 436-338
Platon ~388: 1. Unteritalienreise, Kontakte m. Archytas u. den Pythagoreern, 366/5: 2. Sizlienreise zu Dionysios II. v. Syrakus, 361/0: 3. Sizlienreise, „Timaios“ als „pythagoreischter Dialog 428/7-348/7
Seusippos „Über die pythagoreischen Zahlen“ (?) ~407-339
Xeokrates „Pythagoreisches“ ~396/5-314
Eudoxos von Knidos Mathematiker ~390-~340
Herakleides Pontikos u. a. „Über die Pythagoreer“, „Über die nicht [mehr] atmende Frau“ ~390-nach 322
Aristoteles „Gegen“ und „Über die Pythagoreer“, „Metaphysik“ 384-322
Andron von Ephesos „Dreifuß“ (Buch über die 7 Weisen)  
Theopomp von Chios Historiker 387/7-nach 320
Dikaiarch von Messene Biographie *~375
Theophrast Nachfolger des Aristoteles, Begründer der Doxographie ~371-288
Aristoxenos v. Tarent „Über Pythagoras und seine Freunde“, „Über die pythagoreisches Lebensform“, „Pythagoräische Aussprüche“ ~370-nach 322
Eudem v. Rodos Schüler des Aristoteles *vor 350
Lykon von Iasos „Über die pythagoreische Lebensform“ 2. Hälfte des 4.Jh?
Zenon von Kition „Pythagoreisches“ 335-263
Timon von Phleius „Spottverse“ ~322-230

3. Jh. v. Chr.

Hermippos von Smyrna „Über Pythsagoras“  
Pseudopythagoreischer Lysisbrief Lysis, der fiktive Verfasser ist uns von Aristoxenos‘ Schilderung der antipyth. Brandanschläge vertraut, wo er mit Archippos zusammen als einziger Überlebender bezeichnet wird. Lysis mahnt, die „göttlichen und ehrwürdigen Weisungen“ des Meisters [Pyth.] den Unreinen [= außerhalb des pyth. Geheimbundes Stehende] ja nicht mitzuteilen. 2. Hälfte 3. Jh. ?
Hippobotes, Satyros Philosohiehistorische Werke Ende 3. Jh
Antiphon „Über das Leben der in Tugend Hervorragenden“  

2. Jh. v. Chr.

Apollonios „Wundersame Geschichten“  
Sotion, Herakleides Lembos, Sosikrates Philosophiehistorische Werke  
? „Goldene Verse“ (pythagoreische Sammlung ethischer Maximen)  

1. Jh. v. Chr.

Alexander Polyhistor „Abfolge der Philosophen“ ~110- nach 40
Nigidius Figulus Aufblühen des Pythagoreismus in Rom 100-45
Cicero „Tusculane disputationes“ 106-43
Eudoros, Philon v. Alexandrien Beginn des Mittelplatonismus  
Ovid „Metamorphosen“ 43 v.-18 n. Chr.
  sog. Neupythagorismus  

1. Jh. n. Chr.

Valerius Maximus „Facta et dicta momerabilia“ 1. Hälfte d. 1. Jh.
Apollonios v. Tyana gestaltete sein Leben ganz nach Pythagoras. Akusmatiker, nach Philostratos (217 n. Chr.) ein heiliger und weiser Mann, der Wundertaten (Krankenheilung, Totenerweckung) verrichtete gest zw. 96-98 n. Chr.
Moderatos v. Gades Die pyth. Zahlenlehre erklärte er platonisierend als symbolische Veranschaulichung ideeller Wirklichkeiten in didaktischer Absicht (Riedweg, Pythagoras S. 164)  

2. Jh. n. Chr.

Nikomachos von Gerasa neupythagoreischer Mathematiker u. Musikologe, u. a. „Pythagorasvita“ beginnendes 2. Jh.
Numenios v. Apameia pyth. Mittel- u. Neuplatoniker  

3. Jh. n. Chr.

Hippolytos „Widerlegung aller Häresien“ gest. 235/6
Porphyrios von Tyros Pythagorasvita aus „Philosophiegeschichte“ 234-~305
Diogenes Laertios Philosophenviten  
  Neuplatonismus  
Iamblich von Chalkis „Über die pythagoreische Lebensform“ (= Buch 1 von „Über die pythagoreische Philosophenschule“ ~240-325

4. Jh. n. Chr.

Iustinos Epitoma historiarum Philippicarum Pompe Trogi um ~ 390
Hieronymus Kirchenvater aus Dalmatien, Verfasser der Vulgata. Der Legende nach hat er einen Löwen von seiner Qual befreit, indem er ihm einen Dorn aus der Pranke zog. Deshalb oft mit Löwe abgebildet ~ 347-420
Augustinus (von Hippo) im heutigen Algerien, Kirchenlehrer, Philosoph 354-430

6. Jh. n. Chr.

Simplikios Kommentar zu Iamblichs „Über die pythagoreische Lebensform“ ~490-560

Lateinisches Mittelalter

Boethius röm. Gelehrter u. Verwaltungsbeamter, lat. Übersetzung der „arithmetischen Einführung“ des Nikomachos: „De institutione arithmetica“. Darin tradiert er das Bild des Pythagoras als eines Metaphysikers, der das Studium der Zahlen, ihrer Proportionen und Harmonie als den Königsweg nicht nur zum richtigen Verständnis der Wissenschaften insgesamt, sondern auch zur Erkenntnis der unveränderlichen übersinnlichen Wirklichkeiten betrachtete. (Riedweg, Pythagoras S. 169) ~480-~524
Aurelianus Reomensis Benediktinermönch, Musica disciplina: Wenn auch jener Klang nicht bis zu unseren Ohren dringt, so wissen wir doch, dass diesem Himmel eine gewisse klingende Harmonie innewohnt ~850
Regino von Blüm Abt, schreibt von singenden Musen auf den Himmelskörpern gest. 915
Guido v. Arezzo Reflexionen zum neuplatonischen Pythagorasbild ~992-nach 1033
Hildegard von Bingen Benediktinerin, Komponistin, Mystikerin, hatte Vision „Symphonie des Universums“. Sie nannte die Sammlung ihrer Hauptschriften Symphonia armonie celestium revelationum (Die Symphonie der Harmonie der himmlischen Erscheinungen) 1098-1179
Bernhard v. Chartres Magister an der Domschule von Chartres. Gelehrter und stark vom Platonismus geprägter Philosoph. (In mittelalterlichen Klöstern, besonders in Chartres bildete sich ein christlicher Platonismus, bei dem die Weltseele als hl. Geist verstanden wird) geb. nach 1124
Vinzenz von Beauvais ausführlichere Darstellung von Leben u. Lehre des Pythagoras auf der Grundlage antiker lateinischer Quellen vor 1200-1264
Dante Alighieri Divina Commedia: … bevor die Engel sangen, die da singen im Einklang mit der Harmonie der Sphären … 1265-1321
Jacobus v. Lüttich „Speculum Musicum“  mit Bezug auf Pythagoras, Aristoteles, Platon, Konsonanzendarlegung am Monochord ~1260-nach 1330
Johannes de Muris franz. Mathematiker, Astronom, Musiker, Kalenderreformer. Musica speculativa secundum Boethium (1323) ~1300-~1350

Renaissance/Barock

Marsilio Ficino Übersetzung pythagoreischer Pseudoepigrapha 1433-1499
Johannes Reuchlin deutscher Humanist, Hebraist, Verbindung von Pythagoreismus und jüd. Kabbala 1455-1522
Nikolaus Kopernikus Domherr, Administrator, Jurist, Arzt, Mathematiker, Astronom, Heliozentrisches Weltbild 1473-1543
Giordano Bruno Philosoph, Dichter, postulierte die Unendlichkeit des Weltalls und die ewige Dauer des Universums. Wurde wegen Ketzerei und Magie durch die Inquisition zum Tod auf dem Scheiterhaufen verurteilt. 1548-1600
Johannes Kepler Theologe, Mathematiker, Astronom, Weltharmonik 1571-1630
Galileo Galilei Philosoph, Mathematiker, Physiker und Astronom 1564-1642
Gottfried Wilhelm Leibniz deutscher Universalgelehrter, Philosoph und Wissenschaftler, Mathematiker, Diplomat, Physiker, Historiker, Politiker, Bibliothekar und Doktor des weltlichen und des Kirchenrechts, Monadenlehre, prästabilierte Harmonie 1646-1716

19./20. Jh

Arthur Schopenhauer bezeichnete die Welt als verkörperte Musik 1788-1860
versch. Dichter der Romantik in Form von „schöngeistiger Träumerei“ (Haase)  
Albert v. Thimus „Die harmonikale Symbolik des Altertums“ 1806-1878
Hans Kayser Begründer der modernen harmonikalen Grundlagenforschung im 20. Jahrhundert 1891-1964
Rudolf Haase Schüler Kaysers, Begründer des Hans Kayser Institutes für Harmonikale Grundlagenforschung, Wien  
Walter Heitler Quantenphysiker u. Max-Planck-Medaillenträger, Die Natur und das Göttliche: wir sollen die Sphärenharmonie nicht für bloße Phantasie halten, weil sie unserem rationalen Verstand fremd erscheinen mag (Verlag Klett) 1977

Auswahl chronisch geordneter harmonikaler Sprüche der Literatur:
(wird nach und nach ergänzt)


Platon,
428/427 – 348/347 v. Chr, Timaios (ist im Internet als PDF-Datei frei verfügbar):
Da nämlich Gott wollte, dass, soweit es möglich, alles gut und nichts schlecht sei, da er aber alles, was sichtbar war, nicht in Ruhe, sondern in regelloser und ungeordneter Bewegung vorfand, so führte er es denn aus der Unordnung in die Ordnung hinüber, weil er der Ansicht war, dass dieser Zustand schlechthin besser als jener sei. … In dieser Erwägung bildete er die Vernunft in eine Seele und die Seele in einen Körper ein und fügte so aus ihnen den Bau des Weltalls zusammen, um so naturgemäß das möglichst schönste und beste Werk vollendet zu sehen. Und so darf man es denn mit Wahrscheinlichkeit aussprechen, dass diese Welt als ein wirklich beseeltes und vernünftiges Wesen durch Gottes Vorsehung entstanden sei.

Vergil, 70-19 v. Chr., Aeneis , VI 724 ff:
Himmel und Erde von Anfang her, und die feuchten Gefilde,
Dich auch, strahlendes Rund des Mondes, dich, leuchtende Sonne,
Innen belebt ein Geist, und durch die Glieder ergossen
Ist’s die Vernunft, die die Masse bewegt und das Ganze durchdringet …

Ptolemaios, (2. Jh. n. Chr.) nach Hans Schavernoch, Die Harmonie der Sphären, Freiburg 1981:
Sterblich bin ich, mein Leben ist kurz; doch seh‘ ich im Geiste,
wie in unnennbarer Zahl kreisend die Sterne sich drehen,
oh, dann fühl ich nicht mehr mit meinen Füßen die Erde,
hoch am Tische des Zeus speis‘ ich ambrosische Kost.

Johannes Kepler, Weltharmonik, Linz 1619, Übers. v. Max Caspar, S 206 f:
Eine geeignete Proportion in den Sinnendingen auffinden heißt, die Ähnlichkeit der Proportion in den Sinnendingen mit einem bestimmten, innen im Geist vorhandenen Urbild einer echten und wahren Harmonie aufdecken, erfassen und ans Licht bringen. … so findet der Geist Ordnung und Proportion in den Tönen und Strahlen … Die Proportion könnte nicht harmonisch genannt werden, sie besäße keinerlei Kraft, die Gemüter zu erregen, wenn dieses Urbild nicht wäre.

Johannes Kepler, aus der Widmung der 1. Ausgabe zum Mysterium Cosmographicum, Tübingen 1596:
Unser Bildner hat zu den Sinnen den Geist gefügt, nicht bloß, damit der Mensch seinen Lebensunterhalt erwerbe – das können viele Arten von Lebewesen mit ihrer unvernünftigen Seele viel geschickter -, sondern auch dazu, dass wir vom Sein der Dinge, die wir mit Augenbetrachten, zu den Ursachen ihres Seins und Werdens vordringen, wenn auch weiter kein Nutzen damit verbunden ist. Und wie die anderen Lebewesen, sowie der Leib des Menschen durch Speise und Trank erhalten werden, so wird die Seele des Menschen, die etwas vom ganzen Menschen Verschiedenes ist, durch jene Nahrung in der Erkenntnis am Leben erhalten, bereichert, gewissermaßen im Wachstum gefördert. Wer darum nach diesen Dingen kein Verlangen in sich trägt, der gleicht mehr einem Toten als einem Lebenden. Wie nun die Natur dafür sorgt, dass es den Lebewesen nie an Speise gebricht, so können wir mit gutem Grund sagen, die Mannigfaltigkeit in den Naturerscheinungen sei deswegen so groß, die im Himmelsgebäude verborgenen Schätze so reich, damit dem menschlichen Geist nie die frische Nahrung ausgehe, dass er nicht Überdruss empfinde an Altem, noch zur Ruhe komme, dass ihm vielmehr stets in dieser Welt eine Werkstätte zur Übung seines Geistes offen stehe.

(Übersetzung v. Max Caspar 1923, Krafft, Fritz: Was die Welt im Innersten zusammenhält, Matrixverlag 2005, S. 7)

Isaac Newton, 1642-1726, Die mathematischen Prinzipien der Physik, übersetzt von Volkmar Schüller, S. 513:
Eine solche überaus geschickte Anordnung der Sonne, der Planeten und der Kometen konnte nur dem Plan und der Herrschaft eines einsichtigen und mächtigen Wesens entspringen. Wenn die Fixsterne Mittelpunkte ähnlicher Systeme sind, so werden auch alle diese nach einem ähnlichen Plan aufgebauten Systeme der Herrschaft des Einen unterworfen sein, insbesondere weil das Licht der Fixsterne von derselben Natur ist wie das Licht der Sonne und alle Systeme ihr Licht wechselseitig zu allen [Systemen] hinsenden. Damit die Fixsternsysteme durch ihre Schwere nicht gegenseitig aufeinander stürzen, hat er sie in unermesslichem Abstand von einander angeordnet. Er lenkt alles, aber nicht als die Weltseele, sondern als der Herr über das Universum.

Gottfried Wilhelm Leibniz, 1646-1716, nachgelassenes Fragment [?]:
Gewiss sind wir heute durch die Naturerkenntnis und die Mechanik mündig geworden; aber in Wirklichkeit haben wir mit diesen Experimenten nicht mehr getan, als nur Material herbeizuschaffen; aus dem vielleicht nach vielen Jahrhunderten ein Gebäude der Wahrheit entstehen kann: So sehe ich voraus, dass die Menschen wieder in sich gehen werden und den Wert einer heiligeren Philosophie anerkennen. Dann wird das mathematische Studium darauf gerichtet sein, die Harmonie und Schönheit ihrem Wesen nach zu erfasen; die Naturwissenschaft wird dazu dienen, den Schöpfer zu bewundern, der in der wahrnehmbaren Welt das Bild des Wesenhaften ausdrückte.

Johann Wolfgang Goethe, Faust, Tübingen 1808, Faks. S. 23 – Prolog im Himmel:

Ludwig van Beethoven, 1824, aufgeschrieben von Johann Andreas Stumpff:
Wenn ich am Abend den Himmel staunend betrachte und das Heer der ewig in seinen Grenzen sich schwingenden Lichtkörper, Sonnen und Erden genannt, dann schwingt sich mein Geist über diese soviel Millionen Meilen entfernten Gestirne hin zur Urquelle, aus welcher alles Erschaffene strömt und aus welcher ewig neue Schöpfungen entströmen werden.

Hermann Hesse, Gertrud (1910): Von allen Vorstellungen reiner Seligkeit, die sich die Völker und Dichter erträumt haben, schien mir immer die höchste und innigste jene vom Erlauschen der Sphärenharmonie. Daran haben meine tiefsten und goldensten Träume gestreift, – einen Herzschlag lang den Bau des Weltalls und die Gesamtheit alles Lebens in ihrer geheimen, eingeborenen Harmonie tönen zu hören.

Albert Einstein, zitiert nach Aurel v. Jüchen, Das Tabu des Todes und der Sinn des Sterbens, Stuttgart 1984:
Das tiefste und erhabenste Gefühl, dessen wir fähig sind, ist das Erlebnis das Geheimnisses. Aus ihm allein keimt wahre Wissenschaft. Wem dieses Gefühl fremd ist, wer sich nicht wundern kann und in Ehrfurcht verlieren kann, der ist seelisch bereits tot. Das Wissen darum, dass das Unerforschliche wirklich existiert und dass es sich als höchste Wahrheit und strahlende Schönheit offenbart, von denen wir nur eine dumpfe Ahnung haben können, dieses Wissen und diese Ahnung sind der Kern aller wahren Religiosität.

Hermann Hesse, Rezension über „Johannes Keplers kosmische Harmonie“ von W. Harburger, Leipzig 1925, aus „Der Dom – Bücher deutscher Mystik“,  mit der Überschrift „Kosmische Harmonie“, Gesammelte Werke, Bd. 12, Suhrkamp Frankfurt/M. 1979, S. 94:
Ach, wenn man nun so ein Buch ansieht wie dies Keplersche, dann schüttelt es einen vor Grausen über unsere Leere, und man staunt ergriffen über die Fülle von Leben, Wissen, Ehrfurcht, Andacht, Freudigkeit, Frömmigkeit, mit welcher ein Gelehrter der Zeit um 1600 so ein Buch schreiben konnte! … Das Ganze gilt nicht der menschlichen Musik, sondern der Musik des Weltalls, dem Schöpfungskonzert, und hat zur Grundlage den freudigen Glauben an die Einheitlichkeit und Harmonie des Weltplanes, ein Glaube, in dem Nachklänge von Pythagoras und starke platonische Einflüsse mit einem naiven Christenglauben sich aufs beste vertragen. Oft klingt es darin wie Musik von Händel, so stolz und zugleich warm, so überlegen und zugleich naiv, so strahlend und verklärt.

Hermann Bahr über Hans Kaysers Werk „Orpheus“, Berlin 1926, aus einem Brief an seinen Verleger Gustav Kiepenheuer (1926):
Er deckt den verschütteten, alten Weg ins Urgeheimnis der Natur wieder auf, und alles modische Tagesgeschwätz muss verstummen vor dem ungeheuren Ernst, der uns ergreift, wenn wir hier gleichsam der Geburt der Musik beiwohnen dürfen, ihrer Geburt aus der Zahl, aus demselben ewigen Gesetze, das uns der Sternlauf ebenso verkündet wie der Anblick von Kristallen.

Hans Kayser, Der hörende Mensch, Berlin 1932, S.43:
Der Harmoniker ist ergriffen von dem Gedanken, dass Mensch und Weltall in tönender Beziehung stehe, dass alles einen klanglichen, also seelischen fassbaren Sinn habe, dass Freude und Schmerz, mit dem uns das Schicksal nun einmal behaftet hat, auch aus dem Stein, der Pflanze, dem Tier in jenem wunderbaren Melos spricht, welches wir in unserer eigenen Brust empfinden. Es ist ein Gedanke, der nur ein  einziges Mal festen Fuß gefast haben muss, um uns einen vollen Strom jener inneren Gewissheit, jener sinnhaften Ordnung zu schenken, mit der die Schöpfung von Anfang an begabt ist.
… Was hier ausgeführt wird, wären nur Äußerlichkeiten, die ihren Sinn einbüßen, wenn der Leser nicht selbst die angeschlagenen Saiten zum Klingen zu bringen vermag. Ein harmonikales Buch lässt sich nicht „lesen“ wie ein anderes Buch; es muss schöpferisch verarbeitet werden.

Hermann Hesse, Glasperlenspiel, 1943, suhrkamp Taschenbuch S. 13:
… [über das Glasperlenspiel] als Ahnung und Wunschbild schon in manchen frühen Zeitaltern vorgebildet, so zum Beispiel bei Pythagoras, dann in der Spätzeit der antiken Kultur, im hellenistisch-gnostischen Kreise, nicht minder bei den alten Chinesen, dann wieder auf den Höhepunkten des arabisch-maurischen Geisteslebens, und weiterhin führt die Spur seiner Vorgeschichte über die Scholastik und den Humanismus zu den Mathematiker-Akademien des siebzehnten und achtzehnten Jahrhunderts und bis zu den romantischen Philosophen und den Runen der magischen Träume des Novalis … Vom ältesten China bis zu den Sagen der Griechen spielt der Gedanke von einem idealen, himmlischen Leben der Menschen unter der Hegemonie der Musik ihre Rolle …

Hans Kayser, Akróasis, Schwabe & Co., Basel 1946 [Akroasis heißt Weltanhörung im Gegensatz zu Aisthesis, der Weltanschauung]:
Der Begriff der Sphärenharmonie ist so alt wie die Bewusstwerdung des Menschen. Zuerst Mythos, dann Astralsymbolik und integrierender Bestandteil fast der gesamten Menschheitsdichtung, wird er zur Voraussetzung der Astrologie und der beginnenden astronomischen Forschung aller alten Völker. Erst mit Kepler erhält er jedoch jene Fundamentierung, die ihn des bloßen Glaubens enthebt und in das moderne wissenschaftliche Denken einordnet.

Werner Heisenberg, Das Naturbild der heutigen Physik (Reinbek bei Hamburg. Rowohlt Taschenbuch Verlag., 1955):
Die Naturwissenschaften sind für Kepler ganz und gar nicht Mittel, die dem materiellen Nutzen des Menschen dienen, die ihm die Technik ermöglichen, mit deren Hilfe er sich besser in der unvollkommenden Welt einrichten kann, und die ihm den Weg des Fortschritts ermöglichen. Die Naturwissenschaften sind ihm im Gegenteil ein Mittel zur Erhebung des Geistes, ein Weg, Ruhe und Trost zu finden im Anschauen der ewigen Vollkommenheit der Schöpfung.

Bruno Walter, aus: Von der Musik und vom Musizieren, Frankfurt am Main 1957:
Wir brauchen wohl nicht zu bezweifeln, dass ein so hoch inspirierter Geist (Pythagoras) dazu veranlagt war, die Harmonie der Sphären mit dem inneren Ohr zu hören und als seelenbewegendes Geschehen zu erleben. … Doch auch der Alltagsnaturen dürfte es nicht allzu viele geben, die unter dem gestirnten Nachthimmel völlig unzulänglich blieben für eine erhabenere Deutung ihrer eigenen Berührtheit von jener Umwelt – ja, ich bin fast sicher, dass eigentlich die Seele jedes, nicht gänzlich stumpfen Menschen sich von der Macht des nächtlichen Firmaments in geheimnisvoller, musikhaft harmonischer Weise bewegt fühlt. Vielleicht deutet auch die Verbindung des „bestirneten Himmels über mir“ mit dem „moralischen Gesetz in mir“ in Kants edlem Wort auf einen Einfluss der Offenbarung des Pythagoras hin.

Walter Heilter, aus: Die Natur und das Göttliche, Verlag Klett 1977:
Wir haben allen Grund, bescheiden zu sein vor dem, was wir nicht kennen; unsere heutigen Erkenntnisse mögen noch so groß sein – was wir nicht kennen ist noch viel größer. Könnte es nicht sein, dass die „Harmonie der Sphären“ auch in der Welt der Transzendenz ihre Heimat hat … und nicht bloß Phantasie ist, aber uns heute das Erkenntnisorgan fehlt, sie zu erkennen?

Hubert Reeves, Woher nährt der Himmel seine Sterne (1983), Birkhäuser, Basel:
Wenn ich „Musik“ sage, drücke ich mich in der Art einer Analogie aus. Ich meine also eine Musik im allgemeinen Sinn. Etwas wie die Sphärenharmonie der Antike, die nicht nur von den Himmelskörpern, sondern auch von den Atomen und Molekülen herkommt. Unter sie fällt alles, was die prunkvolle Ordnung in unserem Kosmos belegt.

Schwarzer Elch, Oglala-Sioux, zitiert nach György Doczi, Die Kraft der Grenzen, Harmonische Proportionen in Natur, Kunst und Architektur, Engel & Co. (6. Aufl. 2005):
Wir wissen, dass wir verwandt und eins sind mit allen Dingen des Himmels und der Erde … mit dem Morgenstern und der Morgendämmerung, mit dem Mond, der Nacht und den Sternen des Himmels. Nur der Unwissende sieht lauter Verschiedenheiten, wo doch nur Eines ist.

Meine Buchempfehlungen:

Christoph Riedweg Pythagoras, Leben – Lehre – Werk C.H. Beck München 2. Aufl. 2007
Johannes Kepler Was die Welt im Innersten zusammenhält, Fritz Krafft (mit dem gesamten übersetzten „Mysterium Cosmographicum“ und den „Harmonices Mundi“) Marixverlag, Wiesbaden 2005
Rudolf Haase Harmonikale Synethese, Beiträge zur harmonikalen Grundlagenforschung, Hans-Kayser-Institut, Wien Elisabeth Lafite, Wien 1980
Rudolf Haase Der messbare Einklang, Grundzüge einer empirischen Weltharmonik Erst Klett Verlag, Stuttgart 1976
Rudolf Haase Aufsätze zur Geschichte der Harmonik Synergia/Syntropia, 1984
Rudolf Haase Keplers Weltharmonik heute ISBN-10: 3887550056
Wolfgang von Löhneysen Die Wirklichkeit im Bild Königshausen & Neumann; Auflage: 1, 2005
György Doczi  Die Kraft der Grenzen, Harmonische Proportionen in Natur, Kunst und Architektur Engel & Co., 2005
Joachim-Ernst Behrendt Nada Brahma, Die Welt ist Klang Reinbeck, Hamburg, 1985
Joachim-Ernst Behrendt Das dritte Ohr rororo, Hamburg, 1985
Joachim-Ernst Behrendt Ich höre – also bin ich Goldmann, München, 1989
Joachim-Ernst Behrendt Kraft aus der Stille Droemer, ISBN 3-426-27163-X
Joachim-Ernst Behrendt Klang der Seele Herder Spectrum, Freiburg, 2000